Bericht über das 19. Koordinatorenforum 2019


Die diesjährige Fortbildungsveranstaltung des BDK – BUNDESVERBAND DEUTSCHER BAUKOORDINATOREN fand am 22.03.2019 statt. Das Forum in München war in diesem Jahr in den Räumlichkeiten der Bay. Ingenieurekammer-Bau zu Gast und war dort bis auf den letzten Platz ausgebucht. Stefan Deschermeier, Präsident des BDK, begrüßte die Teilnehmer und einige Ehrengäste. Er gab einen Rückblick auf das letzte Forum mit dem Versprechen die Anregungen der Teilnehmer immer genau zu prüfen und in den kommenden Foren nach Möglichkeit umzusetzen.

Er berichtete kurz aus der Verbandsarbeit, über die Mitwirkung beim Bundeskoordinatorentag und dem Asbestdialog in Berlin. In diesem Jahr konnte der BDK wieder eine Baustellenführung organisieren. Am 10.05.2019 kann die sicher fachlich sehr interessante Baustelle U-Bahnhof Sendlinger Tor besichtigt werden. Das Thema BIM wird auch die Koordinatoren nach Baustellenverordnung betreffen. Derzeit arbeitet das Bundesarbeitsministerium an einem Muster für AIA – Auftraggeber- Informationsanforderungen, die Basis für die Erstellung eines BIM-Abwicklungsplans für die Baustelle sein sollen. Der Vorteil dieser Entwicklung wird voraussichtlich sein, dass die Tätigkeit des Koordinators bereits in der Planung Berücksichtigung findet.

Als erster Referent informierte Dipl.-Ing. (FH) Stefan Deschermeier über Änderungen in Gesetzen und anderen Regelungen, die die Arbeit des Koordinators betreffen, insbesondere die Neufassung ASR A2.2 Maßnahmen gegen Brände, ASR A5.2 Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen, DGUV Regel 101-603 Branche Abbruch und Rückbau, TRBS 2111 Teil 1 Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen beim Verwenden von mobilen Arbeitsmitteln sowie die TRBS 2121 Gefährdungen von Beschäftigten durch Absturz.
Die BG-Bau hat auf Ihrer Webseite und in einer App einzelne „Bausteine“ (Sicherheitshinwiese in komprimierter Form) in der sog. „Gelben Mappe“ zusammengeführt. Unter www.bgbau.de sind die einzelnen Bausteine, Baustein-Ordner und Baustein-Merkhefte zu finden.

Der folgende Beitrag befasste sich mit Praxisbeispielen beim Abbruch von Bauteilen in Verbindung mit Gefahrstoffen.
Weil das Bauen im Bestand inzwischen erhebliche Bedeutung hat, klärte der Referent Robert Ostermeier nach einer Einführung in das Thema Gefahrstoffe über die Pflichten des Bauherren und des Planers bei Abbruch- und Rückbauarbeiten auf. Schon bei der Planung sind die in der Ausführungsphase geltenden Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu beachten. Hier berät in der Regel schon der Koordinator nach Baustellenverordnung. Bei öffentlichen Bauherren und Auftraggebern gilt die ATV DIN 18459 mit einer dargelegten Pflicht zur Bereitstellung von besonderen Informationen in der Leistungsbeschreibung. Ebenso können diese Hinweise auch von privaten Auftraggebern genutzt werden, um die notwendigen Informationen für die ausführenden Unternehmen zusammenzustellen. Der Planer hat dann die vom ausführenden Unternehmen bereitgestellten Unterlagen zu sichten und zu bewerten auch hinsichtlich der Arbeitsverfahren und der Einhaltung der Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Je nach Baustelle sind weitere besondere Genehmigungen einzuholen und ggf. Altlasten und Gebäudeschadstoffe zu ermitteln, ein Schadstoffkataster und ein Entsorgungskonzept zu erarbeiten. Gegebenenfalls ist ein Koordinator für Arbeiten in kontaminierten Bereichen zu bestellen und einzuweisen, sowie die pflichtgemäße Ausführung der Arbeiten zu überwachen und die Abbruchmaßnahme zu dokumentieren.
Der Koordinator nach Baustellenverordnung sollte sich bezüglich der Basics bei häufig vorkommenden Gefahrstoffen informieren und ggf. Hinweise an den Bauherren geben. Die Regelwerke TRGS 517 und 519 sind maßgebend für Asbest, TRGS 521 für alte Mineralwolle und TRGS 558 für Hochtemperaturwolle.
Im nächsten Teil des Vortrags wurden mit den Teilnehmern verschiedene Baustellensituationen „praktisch“ besprochen, in denen Gefahrstoffe und besondere Gefahrensituationen eine Rolle spielten. Es wurden gemeinsam die erforderlichen Maßnahmen und mögliche Vorgehensweisen diskutiert und erarbeitet, wie z.B. Einsetzung eines Sicherheitspostens bei Arbeiten in engen Räumen oder nach Vermutung eines möglichen Gefahrstoffes Klärung (Beprobung) vor Arbeitsbeginn, Freimessung mit anschließender Freigabe des Bearbeitungsbereiches.

Für das Thema Versicherung und Haftung des Koordinators war Michael Twittmann, Geschäftsführer der pisa Versicherungsmakler GmbH in Schondorf, als Fachmann eingeladen. Er informierte zunächst über Tätigkeitsumfang, Haftungsgrundlagen, mögliche Mithaftende des Koordinators und gab auch Fallbeispiele für eine Haftung. Eine gesetzliche Grundlage für eine Versicherungspflicht von Koordinatoren gibt es nicht, doch sollte jeder Koordinator aufgrund der Haftungsgefahr selbst auf ausreichenden Versicherungsschutz achten. Die Tätigkeit des Koordinators nach Baustellenverordnung ist in der Regel in einer Versicherung für Architekten und Ingenieure inbegriffen. Entscheidend für den Versicherungsschutz ist das im Versicherungsschein dokumentierte Berufsbild. Es ist ratsam, dass der Architekt oder Ingenieur beim Abschluss seiner Berufshaftpflicht exakte Angaben zu seinen Tätigkeiten macht. Bei Versicherern, die das versicherte Leistungsbild nur in Bezug auf die HOAI geregelt haben, ist eine ausdrückliche Mitversicherung des Baustellenkoordinators erforderlich. Auch wenn dem Koordinator ausnahmsweise die Weisungsbefugnis auf der Baustelle übertragen wird, sollte mit dem Versicherer geklärt werden, ob der Versicherungsschutz dies umfasst. Bei außergewöhnlichen und gefahrgeneigten Projekten oder Tätigkeit im Ausland sollte immer der Versicherungsschutz vor Vertragsunterzeichnung geklärt werden. Es empfiehlt sich die Versicherer zu vergleichen, da sie teilweise gewisse besondere fachliche Bereiche ausschließen. Auch eine Strafrechtsschutz-Police kann in Betracht kommen. Der Referent klärte über Ausschlüsse vom Versicherungsschutz z.B. bei der Überschreitung der Bauzeit oder im Fall eines bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrigen Verhaltens des Versicherten auf. Er gab den Teilnehmern detaillierte Empfehlungen für den Vertragsabschluss mit den Versicherern, zum Verhalten mit den Auftraggebern und zum korrekten Vorgehen im Schadensfall. Eine Verletzung der Obliegenheiten im Schadensfall kann schließlich sogar zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.

Dipl.-Ing. (FH) Christel Scheyk hat sich dieses Mal u.a. mit dem Thema Temporärer Seitenschutz in Treppenhäusern für den störungsfreien Bauablauf der Ausbaugewerke beschäftigt. Die erfahrene Koordinatorin stellte hier anhand von zahlreichen Fotos gute und schlechte Beispiele für die Treppensicherung vor. Die DIN 4426 für Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen hat im Bereich von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen einige Neuerungen erfahren. Die Referentin wies in ihrem Vortrag auf die wesentlichen Neuerungen hin – von rutschhemmenden Matten bis zur Einrichtung von Arbeitsplätzen; insbesondere wurde auf die besonderen Regelungen zu permanenten Schutzmaßnahmen oder Verwendung von PSAgA auf Dachbereichen mit Intensivbegrünung verwiesen. Anfang 2019 wurde die TRBS 2121 1-4 neu gefasst. Wesentliche Neuerungen sind hier z.B. dass, falls eine PSAgA eingesetzt wird, deren Eignung im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nachzuweisen ist. Bei Gerüsten hat sich die Notwendigkeit des Einsatzes von Gerüsttreppen als Zugang für Nutzer von 10 m Aufstiegshöhe auf 5 m verringert; Sicherung auf der komplett obersten Lage in der Regel mit vorlaufendem Seitenschutz. Das bedeutet ein Verbot von Arbeiten ohne Schutzmaßnahmen gegen Absturz bei Auf-, Um- und Abbauarbeiten von Gerüsten; bei Leitern – Arbeitsplatz auf Leitern nur bis 2 m Standhöhe zulässig; Leiternutzung nur mit Stufe oder Podest, Arbeitsplätze zwischen 2 und 5 m Höhe sind nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Die Vorschriften sollte sich jeder Koordinator anschauen.

Den Beitrag über das Wichtigste unserer Arbeit – Das Honorar! begann Robert Ostermeier mit seinen Erfahrungen bezüglich der Honorierung des Baukoordinators bei einem größeren Bauvorhaben mit einem öffentlichen Auftraggeber. Dipl.-Ing. Karl Baumann berichtete von seinen besonderen Erfahrungen auf einer kleineren Baustelle, mit unvorhergesehener Bauzeitüberschreitung und weiteren Schwierigkeiten mit den Bauherren. Zu guter Letzt griff Stefan Deschermeier das Thema auf und machte den Teilnehmern deutlich, dass Preisdumping generell auf Baustellen aus Sicherheitsgründen nicht zu empfehlen ist. Der Architekt/Ingenieur benötigt ein angemessenes Honorar um ein sicheres Gebäude erstellen zu können, der ausgebildete Koordinator benötigt ebenfalls ein auskömmliches Honorar um seine Leistungen im Dienst der Sicherheit auf Baustellen ordnungsgemäß ausüben zu können. Eine verbindliche Honorarordnung für die Leistungen des Koordinators gibt es nicht, lediglich Vorschläge wie die Praxishilfe des AHO zur Honorarermittlung (Heft 15 der AHO-Schriftenreihe). Deschermeier rechnete den Teilnehmern vor, welche Kosten sie in ihrer Kalkulation des Honorars einpreisen müssten um ein auskömmliches Honorar zu erhalten. Dies sind nicht nur die Personalkosten inkl. Arbeitgeberanteil, sondern auch Gemeinkosten für Büro, Versicherungsbeiträge, KFZ, IT, Telefon, Werbe- und Reisekosten, Reparaturen oder besonderer Unternehmerbedarf z.B. im Falle AG-Insolvenz, Fehlleistungen, Kalkulationsirrtum, Investitionen etc..
Ein anonymer Vergleich der Stundensätze, mit denen die Forumsteilnehmer abrechnen, ergab im Grunde ein sehr knappes Honorar. Manchmal war es sogar unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten absolut nicht auskömmlich. Der Referent machte Mut, mehr Gegenleistung zu verlangen, mit einer Nutzenargumentation durch Hervorhebung der Vorteile (Einsparung, Haftung, Sicherheit, Erleichterung, gesetzl. Vorgabe usw.) anstatt sich für den Stundensatz zu rechtfertigen.

Auch RA Sebastian Büchner unterstrich zur Überleitung den Rat mit mehr Mut an die Honorare zu gehen und dabei zu beachten, dass die Arbeitszeit des Koordinators nicht nur auf der Baustelle stattfindet.
Seine aktuellen Rechtsfälle aus der Praxis und Urteile dürfen in keinem Forum fehlen. Er hatte fünf Rechtsfälle im Gepäck, anhand derer Haftungsgründe, Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten des Bauherren, Verkehrssicherungspflichten des Bauüberwachers, Verschuldensabhängigkeit und – grad, Gesamtschuld, Mitverschulden bzw. Eigenverantwortlichkeit des Verunglückten, Pflichten eines Kranführers und Koordinators beleuchtet wurden. Er wies wiederholt darauf hin, dass der Koordinator keine „Baustellenpolizei“ ist. Der klassische Bauüberwacher ist in der Regel eher in der Haftung. Am Ende der Veranstaltung gab RA Büchner auch noch einen Überblick über das neue Bauvertragsrecht. Das Verbraucherwiderrufsrecht bei Bau-/Planerverträgen wurde vertieft. Es besteht die Gefahr bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung, dass das Widerrufsrecht auch noch nach teilweise erbrachter Leistung greifen und zum Verlust des Vergütungsanspruchs führen kann.

Abschließend bedankte sich der Präsident, Stefan Deschermeier, bei den Referenten, der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau und wünschte den Teilnehmern ein unfallfreies Arbeiten.

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