17. Forum für Koordinatoren nach Baustellenverordnung

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Die Referenten v.l.n.r.:
Dipl.-Ing. (FH) Christel Scheyk, RA Sebastian Büchner, Dipl.-Ing. (FH) Robert Fesl, Dipl.-Ing. Wolfgang Funke, Robert Ostermeier,Dipl.-Ing. Torsten Genthe, Dipl.-Ing. (FH) Stefan Deschermeier

Am 24.03.2017 war es wieder soweit – einmal jährlich lädt der Bundesverband Deutscher Baukoordinatoren e.V. – BDK in Kooperation mit der DEUTSCHEN INGENIEUR- UND ARCHITEKTEN-AKADEMIE e.V.- DIAA Mitglieder und Interessierte zur Fortbildungsveranstaltung in München ein. Die Auswahl der Themen und die fachliche wie praktische Unterstützung des Forums erfolgt dabei durch das BDK-Präsidium und einige weitere sehr engagierte BDK-Mitglieder, denen die regelmäßige Fortbildung in diesem Spezialgebiet des Bauens sehr wichtig ist. Mit 56 Teilnehmern war der Vormittag sehr gut besucht.

Die Begrüßung erfolgte durch BDK-Präsident, Dipl.-Ing. (FH) Stefan Deschermeier, der nach kurzem Überblick über die Verbandsarbeit die fachlichen Vorträge eröffnete.
Er gab eine Übersicht über die aktuellen Entwicklungen im Vorschriften- und Regelwerk für Baukoordinatoren. Zentrales Instrument des 20-jährigen Arbeitsschutzgesetzes ist die Gefährdungsbeurteilung, die jedem Arbeitgeber für die Bewertung der gesundheitlichen Gefahren für seine Mitarbeiter obliegt – übrigens auch dem Baukoordinator selbst, wenn er eigene Mitarbeiter beschäftigt. Stefan Deschermeier stellte verschiedene Änderungen in den geltenden Regelungen zum Arbeitsschutz vor. Insbesondere den DGUV Grundsatz 309-011 hält er für ein wichtiges Dokument, wenn es darum geht eine gemeinsame Unterlage für spätere Tätigkeiten an Aufzugsanlagen zu erstellen.

In den Verbandsinformationen des BDK im Fachmagazin agbau wird im Baukoordinatoren-Ticker ebenfalls regelmäßig auf Veränderungen und Neuigkeiten hingewiesen. Weitere wertvolle Informationen gibt die BG-BAU auf ihrer Webseite, in der „Gelben Mappe“ und neuerdings auch per App.

Ass. Ursula Behrendsen, Juristin der BG-BAU München, wies in Ihrem Vortrag „Neuigkeiten von der BG-BAU“ insbesondere auf die letzten Änderungen in der Arbeitsstättenverordnung hin. Für Verkehrswege auf Baustellen, bei denen eine Absturzgefahr für Beschäftigte besteht, ist der Anhang 2.1 Abs. 1 ArbStättV maßgebend, d.h. es müssen schon bei einer Absturzhöhe von ˃ 1 m Schutzvorrichtungen gegen Absturz von Beschäftigten vorhanden sein. Bei Arbeitsplätzen besteht die Verpflichtung erst ab einer Höhe von 2 Metern. Die Abgrenzung von Verkehrsweg und Arbeitsplatz kann gelegentlich schwierig sein.
Sie berichtete darüber hinaus vom Aktionsprogramm „Staubminimierung beim Bauen“. Hierzu gibt die BG-BAU Informationen heraus über den Einsatz staubmindernder Techniken und zum Förderkatalog „staubbezogene“ Arbeitsschutzprämien.
Der Umgang mit Asbestaltlasten beim Bauen im Bestand steht ebenfalls im Fokus des Arbeitsschutzes. Die Gefahren durch bestimmte asbestbelastete Bauprodukte wie Spachtelmassen, Kleber, Dichtungsmassen, Putze und Anstrichstoffe werden immer noch nicht ausreichend wahrgenommen. Von den zuständigen Bundesministerien wurde deshalb ein Nationaler Asbestdialog mit Spitzenverbänden, Experten aus der Bau- und Wohnungswirtschaft sowie Vertreter weiterer betroffener Kreise angestoßen. Der BDK hat seine aktive Mitarbeit ebenfalls zugesagt. Ziel ist die Sensibilisierung über Risiken im Umgang mit Asbest in betroffenen Gebäuden vor 1995 und die Verbesserung des Schutzes vor Gefährdungen durch Asbest beim Bauen im Bestand.
Außerdem informierte Ursula Behrendsen noch über die bereits neu veröffentlichten Branchenregeln: DGUV-Regeln 113-601 (Branche Gewinnung und Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen) sowie 114-601 u. 114-602 (Branche Abfallwirtschaft – Teil I Abfallsammlung und II Abfallbehandlung).

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Den Musteringenieurvertrag der BayIKa-Bau (Teil A: Allgemeine Regelungen und Teil B11: Detaillierte Regelungen für die Koordination nach Baustellenverordnung) stellte RA Sebastian Büchner vor. Ziel der Ausarbeitung war, eine ausgewogene (sowohl für Ingenieure als auch für Auftraggeber) rechtssichere Vertragsgestaltung zu schaffen mit Transparenz und Abbildung der üblicherweise im Vertrag zu klärenden Aspekte entweder mit Lösungsoptionen oder durch die Möglichkeit erforderliche Ergänzungen einzugeben. Die öffentliche Hand arbeitet derzeit leider dennoch mit anderen Vertragsmustern.
Das Vertragsmuster für die Koordination nach Baustellenverordnung gibt die Möglichkeit die einzelnen zu beauftragenden Leistungen des Koordinators während der Planung der Ausführung, als Beratung und Mitwirken bei Planung und Ausschreibung, bei Vorankündigung oder Unterlage auszuwählen. Die Leistungen während der Ausführung des Bauvorhabens sind in den Punkten 10.1-10.11 genauer ausgeführt und dienen auch als Checkliste. Es kann auch eine stufenweise Beauftragung erfolgen. Das Honorar kann flexibel als Pauschale oder als Stundensatz vereinbart werden. Auch eine Formulierung zu einem Weisungsrecht bei unmittelbar drohenden Gefahren wird angeboten.
Die Musteringenieurverträge der BayIKa-Bau kann Jeder kostenlos downloaden unter www.bayika.de , Download – Bestellung.
Ergänzend stellte RA Büchner drei praxisrelevante Fälle aus der Rechtsprechung zur Haftung von verschiedenen Baubeteiligten bei Unfällen vor.

Dipl.-Ing. Torsten Genthe beschäftigte sich in seinem Vortrag mit den Aufgaben des Baukoordinators, wenn auf der Baustelle Tätigkeiten mit Gefahrstoffen anfallen und gefährliche Abfälle entsorgt werden müssen. Je nach Gefahrstoff muss geklärt werden: Wird der Gefahrstoff ganz oder nur teilweise zurückgebaut? Welche Firmen oder Gewerke sind betroffen? Wer benötigt welche Schutzmaßnahmen? Sind die Firmen auf diese Gefahrstoffsituation eingestellt? Wer entsorgt welchen Abfall? Wieviel gefährlicher Abfall fällt an? Was bleibt ggf. als Gefahrstoff wie lang im Gebäude?
Die hieraus entstehenden komplexen Maßnahmen und Lösungen müssen Eingang in die Beratung, die SIGE-Plan-Erstellung, Fortschreibung des SIGE-Plans und die Erstellung der Wartungsunterlage finden. Die Kommunikation mit den verschiedenen Firmen ist beim Gefahrstoffrückbau besonderes wichtig. Zu berücksichtigen sind dabei besonders die für die einzelnen Gefahrstoffe (wie Asbest, Künstliche Mineralfasern, PCB, PAK, Chlororganische Holzschutzmittel oder Schwermetalle) geltenden speziellen Vorschriften der Gefahrstoffverordnung und der TRGS.
Auch wenn „neue“ Gefahrstoffe auf der Baustelle entstehen, wie z.B. Abgase und Schweißrauch hat der Koordinator diese innerhalb seiner Tätigkeit zu berücksichtigen.

Am Ende des Vormittags wurde von BDK-Mitglied, Robert Ostermeier, eine Abbildung einer gefahrenträchtigen Baustellensituation vorgestellt. Daraus ergab sich eine rege Diskussion, in der gemeinsam die sichtbaren Gefahrenquellen analysiert und die erforderlichen Maßnahmen besprochen wurden, die der Koordinator in diesem Fall zu treffen hat.

Die Veranstaltung wurde von den Teilnehmern insgesamt gut bis sehr gut bewertet und der BDK wird sich bemühen, auch im kommenden Jahr wieder so interessante Beiträge anbieten zu können.

Im Anschluss folgte das ebenfalls vom BDK organisierte Partnerforum des Bauzentrums der Landeshauptstadt München. Zielgruppe waren hier in erster Linie Bauherr/innen und Planer/innen, die sich in ansprechender Teilnehmerzahl einfanden. Die Themen umfassten die Pflichten der Bauherr/innen und die korrekte Vergabe der Koordination durch RA Sebastian Büchner, die Unfallschwerpunkte in der Bauwirtschaft durch Dipl.-Ing. Reinhard Amler von der BG BAU München und ein Beispiel eines vom Koordinator zu erstellenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes durch Dipl.-Ing. (FH) Christel Scheyk mit Erklärung und Darstellung des Nutzens. Auch die Gefahren auf Baustellen in besonderen Situationen oder durch Gefahrstoffe kamen nicht zu kurz und wurden beispielhaft in zwei weiteren Kurzvorträgen dargestellt.

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